

Tradition der weissen Feste

Von der Akademie der Künste in die Max Emanuel Brauerei, in die Isarpost, in Das Café Reitschule
DIE WEISSEN FESTE HABEN EINE LANGE TRADITION
Die „Weissen Feste“ sind ein Münchner Faschingsphäno-men mit künstlerischem Ursprung und kultischer Strahl--kraft. Ihre Wurzeln reichen zurück ins Jahr 1968, als der Künstler Heimrad Prem gemeinsam mit Lothar Fischer, Otto Dressler und Fongi Gartung das erste „Weisse Fest“ in der Max-Emanuel-Brauerei in Schwabing ins Leben rief. Ziel war ein radikaler Kontrast zu den traditionellen Bällen der Stadt: ein Fest in Weiß – als Farbe der Reinheit, Erotik und Provokation.
Die Künstler verwandelten den Saal in ein Gesamt-kunstwerk: mit weißen Stoffbahnen, selbst getöpferten Kerzenständern, Spitzendeckchen, UV-Licht und fluores-zierenden Akzenten. Die Gäste trugen weiße Kleidung, bemalten ihre Haut weiß, tranken aus weißen Gefäßen und tanzten auf einem weißen Boden. Zur Mitternacht wurden Weißwürste serviert – ein ironischer Gruß an die Münchner Tradition.
Musikalisch wurde das Fest zur Geburtsstunde der „Anima Musica“: Limpe und Paul Fuchs präsentierten erstmals ihre experimentellen Klänge auf selbstgebauten Instrumenten. Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 26. Februar 1968 von „mystischer Musik“ und einer „Atmosphäre in Weiß, die voller Spannung war“.
Seit Jahren kursiert die Behauptung, die Weissen Feste seien ursprünglich aus finanziellen Gründen entstanden – angeblich hätten sich Kunststudierende in der Akademie einfach auf „Weiß“ geeinigt, weil jeder etwas Weißes im Schrank habe. Diese Geschichte ist zwar weit verbreitet, aber schlicht falsch. Die ersten Weissen Feste fanden nicht in der Akademie statt, sondern in der Max-Emanuel-Brauerei – und sie waren von Anfang an ein bewusst gestaltetes Kunstprojekt. Das Weiß war keine Notlösung, sondern ein ästhetisches Statement: Licht, Reinheit, Erotik, Provokation – inszeniert mit UV-Licht, Aktmalerei und selbstgebauter Dekoration. Die Idee war nicht Sparsamkeit, sondern radikale Sinnlichkeit.
Nach mehreren legendären Ausgaben in den 1970er Jahren wurde die Tradition über Jahrzehnte hinweg fortgeführt. Die Weissen Feste fanden regelmäßig statt – zunächst in der Max-Emanuel-Brauerei, bis ein Pächterwechsel die Fortführung dort unmöglich machte. Lediglich während der Corona-Jahre kam es zu einer zweijährigen Unter-brechung.
Der Name „Weisse Feste“ ist übrigens kein Schreibfehler, sondern ein typografisches Relikt: In älteren Druckver-fahren war das „ß“ oft nicht verfügbar – man behalf sich mit „ss“. So wurde aus „Weiße Feste“ das „Weisse Fest“ – und der Name blieb. Ein charmantes Echo aus der Zeit des Bleisatzes, das heute fast schon ikonisch wirkt.
Heute sind die Weissen Feste weit mehr als ein Geheimtipp: In München gibt es kaum jemanden, der nicht schon einmal dort war – ob als Kunstliebhaber, Faschingsfreund oder einfach aus Neugier. Sie gehören zum festen Inventar der Stadt, wie der Englische Garten, die Wiesn und das erste Weißbier im Frühling. Wer nie auf einem Weissen Fest war, war nie wirklich im Fasching.
Wir freuen uns auf Sie und werden Sie herzlich willkommen heißen!









